Fahren ohne Fahrschein ist kein Verbrechen – Keine Kriminalisierung von Armut

Menschen, die ohne gültigen Fahrschein fahren, tun dies meist, weil sie es sich nicht leisten können. Gerade diese Menschen deshalb anzuzeigen, ist eine Kriminalisierung von Armut. Da die meisten die Strafzahlungen ebenso wenig bezahlen können wie das Ticket, müssen viele in Haft. Von denen sind die meisten erwerbslos (87%), viele ohne festen Wohnsitz (15%) und etliche suizidgefährdet (15%).

Der Fraktionsvorsitzende Stefan Jagel (Die Linke) erklärt dazu: „Ersatzfreiheitsstrafen treffen vor allem Arme, Suchterkrankte und Obdachlose – Menschen, die nicht zahlen können – nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie es schlichtweg nicht können. Die Haft verschärft ihre sozialen Probleme nur und hilft niemandem – weder den Betroffenen noch der Gesellschaft. Andere Städte wie Halle zeigen, dass es auch anders geht.“

Auch aus finanzieller Sicht macht das Einsperren von Menschen, die eine Strafzahlung nicht zahlen können, keinen Sinn: Im bundesweiten Schnitt kostet ein Tag Gefängnis 200 Euro pro Person. Die Menschen wegzusperren, bringt die fehlenden Geldbußen nicht ein und kostet den Staat nur zusätzlich Geld.

Thomas Lechner (parteilos) sitzt für die Linke im Münchner Stadtrat. Er hält die Regelung für ein Relikt aus dunklen Zeiten: „Die Stadt München hält immer noch an einem Nazi-Gesetz von 1935 fest, das die Menschen, die sich kein Ticket leisten können, kriminalisiert und aus der Gesellschaft drängt. Das muss sich endlich ändern. Fahren ohne Fahrschein ist kein Verbrechen.“

Zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind laut einer Umfrage von infratest dimap dafür, das Fahren ohne Ticket zu entkriminalisieren.

 

Hier geht's zum Antrag im RatsInformationsSystem: https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/9180072;jsessionid=4C842608D73B86E0192C65B4887AF1BF