Anfrage: Polizeirepression gegen Klimaaktivist*innen?

Unter dem Motto „Grüner Kapitalismus = Bäume fällen für Konzerne!“ riefen am Freitag den 13. November „Fridays for Future München“, „Students for Future München“ und das „Antikapitalistische Klimatreffen München“ zu einer Kundgebung in Solidarität mit den Protesten im Dannenröder Forst auf. Dort halten Aktivist*innen seit über einem Jahr ein Waldstück besetzt, um die Rodung für eine Autobahn zu verhindern.

Die Kundgebung startete am Marienplatz und zog in Richtung Sendlinger Tor zum Parteibüro der Grünen, die in der hessischen Landesregierung am Bau der Autobahn beteiligt sind. Mit einer symbolischen Baumbesetzung am Sendlinger Tor Platz wurde ein solidarisches Zeichen gesetzt für die Aktivist*innen im Dannenröder Forst, da dieser aktuell gewaltsam von der hessischen Polizei geräumt wird. Während der gesamten Demonstration achteten alle Teilnehmer*innen durch Tragen eines Mund-Nasen-Schutz und durch Abstandhalten auf die aktuellen Corona-Auflagen.

Die Kundgebung wurde von einem im Laufe immer größer werdenden Einsatz der Polizei begleitet. Auslöser dafür war, laut Aussagen des Einsatzleiters Polizeioberrat Geiser, das Abbrennen eines sogenannten „Rauchtopfes“ im Baum und die daraufhin versuchte Personalien-Feststellung des Beschuldigten. Nachdem die Polizei über eine Stunde den symbolisch besetzten Baum umzingelt hatte, sodass die Aktivist*innen nicht herunterkommen konnten, machte der Einsatzleiter vor den Demonstrierenden die Ankündigung, um die Situation zu deeskalieren und die Einsatzkräfte zurückzuziehen, sodass alle Beteiligten nach Hause gehen könnten. In Folge dessen zogen sich alle Einsatzkräfte vermeintlich zurück und die anwesenden Aktivist*innen machten sich vereinzelt auf den Heimweg.

Es wurde jedoch offensichtlich, dass dies nur eine Taktik des Einsatzleiters war und die Einsatzkräfte nur in den umliegenden Straßen gewartet haben. Die versprochene Deeskalation war nicht ernstgemeint. Zivilpolizist*innen kamen an den Platz zurück und der Beschuldigte wurde gewaltsam niedergestreckt. Die Einsatzwägen aus den umliegenden Straßen kamen zurück. Die ca. 20 Demonstrierenden, die sich schützend um den am Boden Liegenden gestellt hatten, wurden im Anschluss von einer Vielzahl an Polizist*innen eingekesselt und in den nächsten zwei Stunden einzeln abgeführt und erkennungsdienstlich behandelt. Die ganze Straße an der Hauptfeuerwache war zu diesem Zwecke mit Einsatzwägen der Polizei gefüllt. Die Einsatzleitung setzte offensichtlich auf Eskalation und riskierte damit in Zeiten der Corona-Pandemie die Gesundheit aller Beteiligten. Für die anwesenden Anfragesteller*innen stellen sich nach Beobachtung der Lage einige Fragen über den Polizeieinsatz, der in keinem Verhältnis zu den angegebenen Vorwürfen steht.

Wir bitten daher den Oberbürgermeister, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wie viel Einsatzkräfte waren an dem Einsatz gegen die Klimaaktivist*innen am 13. November beteiligt? Wie viele Zivilpolizist*innen waren im Einsatz beteiligt? Wie rechtfertigt die Polizei einen solchen Einsatz?
  2. Bilder des Vorfalls zeigen, dass die Einsatzkräfte die etwa 20 Aktivist*innen durch einen fast zweistündigen Kessel gezwungen haben, keinen Abstand mehr halten und somit die gängigen Corona-Maßnahmen nicht mehr sicherstellen zu können. Wie lässt sich ein solches Verhalten der Polizei angesichts der hohen Infektionszahlen in München rechtfertigen? Riskiert die Einsatzleitung damit nicht die Gesundheit aller Beteiligten?
  3. Den etwa 20 erkennungsdienstlich behandelten Demonstrierenden wurden im Anschluss Ordnungswidrigkeiten wegen Verstoß gegen die Corona Auflagen angedroht. Wie rechtfertigt die Polizei die angedrohte Repression, wenn deutlich ist, dass erst die Einsatztaktik zu einer solchen Situation geführt hat?
  4. In den letzten Monaten wurde uns vermehrt berichtet, dass die Corona-Auflagen gezielt gegen politische Aktivist*innen eingesetzt wurden. Sieht die Stadt und der Oberbürgermeister die Gefahr, dass das Nutzen der Corona-Auflagen zur zusätzlichen Repression gegen politisch aktive Menschen durch die Polizei zu Zweifeln an den nötigen Corona-Maßnahmen in der Gesellschaft führen kann
  5. Eine Vielzahl an Zeugenaussagen und die polizeieigenen Aufnahmen zeigen, dass der Einsatzleiter den Demonstrierenden zugesagt hat, sich zurückzuziehen, sodass sämtliche Anwesenden ohne polizeiliche Maßnahmen den Ort verlassen könnten. Wie schätzen die Stadt und der Oberbürgermeister die Auswirkungen auf das Vertrauen in die Polizei in der Bevölkerung ein, wenn ein hochrangiger Polizist offene Lügen aus taktischen Gründen nutzt?
  6. Halten die Stadt München und der Oberbürgermeister den Polizei-Großeinsatz am 13. November für gerechtfertigt?

Initiative:
Stadträtin Marie Burneleit
Stadtrat Thomas Lechner

Gezeichnet:
Stadträtin Brigitte Wolf
Stadtrat Stefan Jagel

Originalvorlage als PdF-Dokument