Anfrage: Die Vergabepraxis des RAW und die Rolle des Wirtschaftsreferenten

Stefan Jagel
AnfrageFinanzenKultur

Auch wenn das Rammstein-Konzert auf der Theresienwiese vom Veranstalter abgesagt wurde, stellen sich im Zusammenhang mit der Vergabe von drei weiteren Konzerten an die Messe München GmbH und zur Theresienwiese einige Fragen, deren Beantwortung wir für notwendig halten. Im ganzen Verfahren gibt es aus unserer Sicht einige Ungereimtheiten.

 

Die Süddeutsche Zeitung sprach in einem Artikel vom 01. August 2022 sogar von „Mauschelei [sic]“. Die jahrelang gelebte Praxis, die Theresienwiese nicht für Großkonzerte freizugeben, wurde vom Wirtschafsreferenten über Nacht für genau einen Veranstalter über Bord geworfen. Im Gegensatz dazu haben Münchner Veranstalter, die in der Vergangenheit konkrete Anfragen an das Referat für Arbeit und Wirtschaft gestellt hatten, immer eine eindeutige Absage für die Theresienwiese sowie auch für die Messe bekommen.

Auch wenn das Rammstein-Konzert auf der Theresienwiese vom Veranstalter abgesagt wurde, stellen sich im Zusammenhang mit der Vergabe von drei weiteren Konzerten an die Messe München GmbH und zur Theresienwiese einige Fragen, deren Beantwortung wir für notwendig halten. Im ganzen Verfahren gibt es aus unserer Sicht einige Ungereimtheiten.

Die Süddeutsche Zeitung sprach in einem Artikel vom 01. August 2022 sogar von „Mauschelei [sic]“1. Die jahrelang gelebte Praxis, die Theresienwiese nicht für Großkonzerte freizugeben, wurde vom Wirtschafsreferenten über Nacht für genau einen Veranstalter über Bord geworfen. Im Gegensatz dazu haben Münchner Veranstalter, die in der Vergangenheit konkrete Anfragen an das Referat für Arbeit und Wirtschaft gestellt hatten, immer eine eindeutige Absage für die Theresienwiese sowie auch für die Messe bekommen.

Der Wirtschaftsreferent wird in der SZ online vom 09. August 2022 im Artikel „Feuer unterm Dach“ zitiert: „Bei ihm habe sich niemand wegen der genannten Konzertpläne auf der Theresienwiese oder der Messe gemeldet. "Ich bin für jeden Veranstalter und für jede Veranstaltung, die in München stattfindet. Das ist mein Job", sagte er. Wenn er sich aber einsetzen solle, brauche es "konkrete Projekte und nicht abstrakte Anfragen"2. Der Münchner Merkur zitiert den Wirtschaftsreferenten am 18. August 2022: „Darüber hinaus sei es in dem Geschäft üblich, sich zunächst um einen Platz zu kümmern und dann die Akteure zu kontaktieren3.“ Der Verband der Münchner Kulturveranstalter e. V. gibt in einem Schreiben vom 09. August 22 an, wiederholt Anfragen nach zusätzlichen Flächen gestellt zu haben. Im Blick sei dabei die Theresienwiese und Flächen der Messe gewesen. Zuletzt habe es im Februar 2020 dazu einen Austausch im Referat für Arbeit und Wirtschaft gegeben.

Die Abendzeitung München erwähnte außerdem in einem Kommentar am 16. August 2022, dass die Stadt Essen bereits 48 Stunden vor der Befassung des Münchner Stadtrats die Entscheidung getroffen hat, das Konzert nicht in Essen stattfinden zu lassen.4 Nach Rückfrage bei der Stadtverwaltung Essen wurde dies auch schriftlich gegenüber der Stadtratsfraktion DIE LINKE. / Die PARTEI bestätigt. In der Sitzungsvorlage Nr. 20-26 / V 07180, die dem Stadtrat sehr kurzfristig zugeleitet wurde, stand aber noch der Satz: „Im Ablehnungsfalle wird das Silvesterkonzert voraussichtlich in Nordrhein-Westfalen stattfinden.“5 Diese Information hat der Wirtschaftsreferent in der Sitzung gegenüber dem Stadtrat nicht klargestellt.

Zu klären ist weiterhin, weshalb und in welcher Funktion der Wirtschaftsreferent am 16. August 2022 zu einer Videokonferenz eingeladen hat. Die Abstimmung zwischen einem Veranstalter und den Sicherheitsbehörden läuft über die Arbeitsebene des Kreisverwaltungsreferats. Eine politische Einmischung in Sicherheitsfragen ist mehr als fragwürdig.

Überrascht waren einzelne Stadträt*innen von der Aussage in der Berliner Zeitung am 18. August 2022: „Richtig ist, dass der Band eine grundsätzliche Anfrage hierzu vorlag, nicht für die Theresienwiese, sondern für das Messegelände München.“6 Am 04. August 2022 erklärte der Wirtschaftsreferent gegenüber der SZ: „Im Olympiastadion mit einer Kapazität von etwa 70 000 Besuchern sei das kaum möglich. Zudem würde dort schon die Sanierung anlaufen7“. In der Beschlussvorlage Nr. 20-26 / V 07180 findet sich folgender Satz: „Es wurden diverse Örtlichkeiten geprüft und als einzig verbleibende mögliche Location in München die Theresienwiese identifiziert.“8

Mit der Aussage in der Berliner Zeitung, gegenüber der Süddeutschen Zeitung und dem Text in der Beschlussvorlage werden jetzt weitere Ungereimtheiten bekannt.

In diesem Zusammenhang bitten wir daher den Oberbürgermeister, folgende Fragen zu beantworten:

  1. An welchem Tag (bitte Datum angeben) lag der Stadtverwaltung die Anfrage der Konzertagentur Leutgeb für das Konzert auf der Theresienwiese vor?
  2. Gab es Gespräche nur mit der Konzertagentur oder mit der Band Rammstein selbst?
  3. Von welcher Seite wurde die Überprüfung der Flächen, wie in der Beschlussvorlage Nr. 20-26 / V 07180 beschrieben, vorgenommen?
  4. Weshalb stand das Messegelände nicht zur Verfügung?
  5. Welche Sanierung des Olympiastadions hätte ein Konzert an Silvester 2022 unmöglich gemacht?
  6. Welche Kriterien legte das Referat für Arbeit und Wirtschaft zu Grunde, plötzlich die Theresienwiese als Veranstaltungsort dem Stadtrat vorzulegen, obwohl es in der Vergangenheit Usus war, auf der Theresienwiese keine Großkonzerte durchzuführen?
  7. Zu welchen Konditionen wäre die Theresienwiese vermietet worden?
  8. Welche Flächen für die Konzerte werden auf der Messe genutzt und wer ist offizieller Eigentümer dieser Flächen?
  9. Warum hat der Wirtschafsreferent in der Stadtratssitzung am 10.August 2022 nicht klargestellt, dass die Stadtverwaltung Essen bereits nach fünf Tagen und damit 48 Stunden vor der Sitzung des Feriensenats, ihre ablehnende Haltung dem Veranstalter mitgeteilt hat? War diese Tatsache dem Wirtschaftsreferenten bekannt?
  10. Zu welchem Zeitpunkt bekam der Veranstalter Tollwood GmbH in der Vergangenheit die Verträge für die Theresienwiese (2018 bis heute – bitte das Datum jährlich einzeln aufführen) für die Durchführung des Tollwood Winterfestivals?
  11. Wie viele Gespräche und persönliche Treffen (offizielle und inoffizielle) gab es zwischen dem Chef der Konzertagentur Leutgeb und dem Wirtschaftsreferenten seit 2019 (bitte jährlich getrennt aufführen)?
  12. In welcher Funktion und mit welchem Ziel hat der Wirtschaftsreferent am 16. August den Veranstalter, das Kreisverwaltungsreferat, das Referat für Klima- und Umweltschutz, das Gesundheitsreferat, die Polizei, die Feuerwehr und einzelne politische Vertreter*innen zu einer Videokonferenz eingeladen?9
  13. Gab es für die Messe München GmbH oder für das Betreuungsreferat für das Konzert von Andreas Gabalier am 06. August 2022 VIP-Freikarten oder andere Freikarten? Wenn ja, nach welchen Kriterien und an wen wurden diese verteilt?
  14. Die Münchner Kultur- und Konzertveranstalter zahlen in München Gewerbesteuer. Warum unterstützt das Referat für Arbeit und Wirtschaft nicht stärker die Münchner Konzertveranstalter und findet mit ihnen Lösungen für die knappe Platz- und Raumsituation?
  15. Was war der Inhalt des Gesprächs mit dem Verband der Münchner Kulturveranstalter im Februar 2020?
  16. Wie definiert sich ein konkretes Projekt, für das sich der Wirtschaftsreferent einsetzen würde?
  17. Die Vergabe der öffentlichen Plätze für Großkonzerte ist derzeit intransparent. Welche Vorschläge hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft, um diese Situation zu lösen?
  18. Die Konzertagentur Leutgeb ist die einzige Veranstaltungsgesellschaft, die Großkonzerte auf der Messe durchführen kann. Gab es hier konkrete Unterstützung aus dem Referat für Arbeit und Wirtschaft, um die Durchführung zu ermöglichen? Wenn ja, wie sah die konkrete Unterstützung aus?
  19. Wurden zwischen der Konzertagentur Leutgeb und der Messe München GmbH Verträge für drei Veranstaltungen geschlossen oder für einen längeren Zeitraum oder gibt es bereits Optionen für einen längeren Zeitraum? Wenn für einen längeren Zeitraum, bitte den Zeitraum angeben.
  20. Die Olympiapark GmbH und die Messe München GmbH liegen in der Beteiligungssteuerung des Referats für Arbeit und Wirtschaft. Wie wird die geschaffene Konkurrenzsituation zwischen den beiden Beteiligungsunternehmen vom Referat für Arbeit und Wirtschaft bewertet und eingeordnet?
Stadtratsfraktion DIE LINKE. / Die PARTEIStadtratsfraktion DIE GRÜNEN / ROSA LISTE
Initiative:
Stadtrat Stefan Jagel
Stadträtin Marie Burneleit
Stadträtin Brigitte Wolf
Stadtrat Thomas Lechner
 
Initiative:
Stadträtin Mona Fuchs
Stadtrat Dominik Krause
Stadträtin Clara Nitsche
Stadtrat Sebastian Weisenburger
Stadträtin Sibylle Stöhr

1 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-messe-open-air-andreas-gabalier-robbie-williams-helene-fischer-klaus-leutgeb-1.5630355
2 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-rammstein-konzert-silvester-theresienwiese-1.5636662
3 https://www.merkur.de/lokales/muenchen/stadt-muenchen/rammstein-konzert-silvester-in-muenchen-abgesagt-news-91727673.html
4 https://www.abendzeitung-muenchen.de/muenchen/rammstein-posse-in-muenchen-ein-rohrkrepierer-und-ein-baerendienst-art-836934
5 https://risi.muenchen.de/risi/sitzungsvorlage/detail/7275928?dokument=v7283067
6 https://www.bz-berlin.de/unterhaltung/silvesterkonzert-in-muenchen-das-sagen-rammstein
7 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/rammstein-konzert-muenchen-silvester-theresienwiese-1.5633561
8 https://risi.muenchen.de/risi/sitzungsvorlage/detail/7275928
9 https://www.merkur.de/lokales/muenchen/stadt-muenchen/rammstein-konzert-muenchen-silvester-event-der-welt-abgesagt-ztz-91729499.html

Link zum RIS: https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/7294086