Preisexplosion bei den SWM II: Zusätzliche Gewinne für sozialen Ausgleich nutzen

Stefan Jagel
AntragArbeit & SozialesMietenÖkologie

Der Stadtrat beschließt, dass die Stadtwerke München (SWM) als kommunaler Energieversorger die zusätzlichen Gewinne, die insbesondere aus dem Vertrieb von Fernwärme im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr zu erwarten sind, zweckgebunden für folgende Projekte zur Verfügung stellen muss:

  • Vergünstigungen des öffentlichen Nahverkehrs im Anschluss an das Auslaufen des bundesweiten 9-Euro Tickets. Fokus sollte dabei ein ermäßigtes Monatsticket für 15 Euro für alle Schüler*innen, Auszubildende, Berufsschüler*innen, Studierende sowie Berechtigte des München Passes sein
  • Massive Beschleunigung des Ausbaus der Geothermie
  • Erhebliche Aufstockung des Härtefallfonds der SWM

Wie die Gelder für die einzelnen Projekte zweckgebunden eingesetzt werden, muss dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt werden.

Begründung

Eine weitere Preisexplosion der Fernwärme der SWM wurde zum 1. Juli erstmals ausgesetzt1. Dies zeigt – Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Nach unseren Berechnungen hätte sich der Preis auf etwa 222 €/MWh erhöht. Eine Vervierfachung in nur eineinhalb Jahren. Mehr als ein Drittel der Münchner Haushalte (über 250.000) sind ans Fernwärmenetz angeschlossen. Vergleicht man die Preise mit anderen Städten, die eine ähnlich fossile Erzeugungsstruktur der Fernwärme haben wie München (z.B. Berlin 98,79 €/MWh2; Nürnberg 65,63 €/MWh3, Hamburg 57,98 €/MWh4), ergeben sich Mehrgewinne im dreistelligen Millionenbereich, die auf dem Rücken der Verbraucher*innen erzielt werden.

Ob diese Gewinne vorsätzlich oder nicht entstanden sind, spielt keine Rolle. Es darf nicht sein, dass sich ein kommunaler Energieversorger davon profitiert, dass tausende Haushalte in finanzielle Schieflagen geraten, deren Folgen oftmals Wohnungslosigkeit sein kann. Auch die großen Energiekonzerne erzielen im Zuge des Krieges hohe Gewinne. Deswegen wird auch auf Bundesebene über eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne diskutiert, wie sie schon in Italien oder Großbritannien umgesetzt wurde. Neben der LINKEN setzen sich auch Vertreter*innen von SPD und Grünen für eine Einführung ein, um damit einen Beitrag zur Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen zu leisten. München kann und muss hier mit einem guten Beispiel vorangehen.

Die soziale Frage wird sich in den nächsten Monaten und im nächsten Jahr massiv zuspitzen. Neben steigenden Mieten und Lebensmittelpreisen kommt nun die Explosion der Energiepreise. Die aktuellen Preise der SWM bei der Fernwärme bedeuten für viele Haushalte Mehrkosten von über tausend Euro. Gerade Menschen mit geringen Einkommen und kleinen Renten können für solche Kosten keine Rücklagen bilden. Sie müssen aktiv unterstützt werden, damit eine Katastrophe vermieden werden kann. Der Härtefallfond, der auf Initiative der SPD nun entstanden ist, kann dabei nur ein Anfang sein. Die Summe von 20 Millionen Euro wird nicht ausreichen. Der Fond muss erheblich aufgestockt werden. Wien zahlt sogar einen Energiebonus von 130 Millionen an Haushalte unter einer bestimmten Einkommensgrenze aus, obwohl die Preiserhöhungen bei der Fernwärme viel geringer ausfielen5.

Die von Wirtschaftsminister Habeck angestoßene Debatte „Frieren für den Frieden“ verkennt, dass ärmere Haushalte wesentlich weniger Wärme verbrauchen als reiche Haushalte, wie Studien klar aufzeigen6. Das Potential, weiter Energie einzusparen, ist bei diesen Haushalten deswegen oft schon ausgereizt. Der Vorschlag der Grünen Stadtratsfraktion wird daher vor allem wohlhabenderen Haushalten zugutekommen. Stattdessen sollten aus den Übergewinnen Vergünstigungen für den Öffentlichen Nahverkehr finanziert werden, um diesen attraktiver zu machen und Haushalte spürbar zu entlastet. Hier muss der Fokus vor allem auch auf Personengruppen gerichtet werden, die geringe Einkommen haben, z.B. durch ein ermäßigtes Monatsticket für 15 Euro für alle Schüler*innen, Auszubildende, Berufsschüler*innen, Studierende sowie Berechtigte des München Passes.

Um schneller unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden, sollten weitere Gelder aus den Übergewinnen zweckgebunden in den beschleunigten Ausbau der Geothermie gehen. Dieser Schritt sorgt für eine wirksame Bekämpfung der Klimakrise, für eine Unabhängigkeit von autokratischen Systemen wie Russland oder Katar und sorgt für günstigere Preise für die Kund*innen, wie es die Umlandgemeinden vormachen, die schon lange auf die Geothermie setzen und deren Verbrauchspreise für Fernwärme weit geringer sind als in München. Dass die SWM ihren eigenen Ausbauplänen für die Geothermie seit Jahren hinterherhinken, rächt sich nun vor allem für die Verbraucher*innen7.

Initiative:
Stadtrat Stefan Jagel

Gezeichnet:
Stadträtin Marie Burneleit
Stadträtin Brigitte Wolf
Stadtrat Thomas Lechner


1 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-stadtwerke-fernwaerme-preiserhoehung-swm-1.5613471
2 https://xn--wrme-loa.vattenfall.de/binaries/content/assets/waermehaus/startseite/produkte/warme/stadtwarme/2022-q3---preisblatt-stadtwarme.pdf
3 https://www.n-ergie.de/public/remotemedien/media/n_ergie/internet/privatkunden/produkte/fernwaerme/Preisblatt_Fernwaerme.pdf
4 https://waerme.hamburg/produkte-preise/preissystem/preisblatt
5 https://www.derstandard.at/story/2000136554842/wien-zahlt-nach-fernwaerme-verteuerung-130-millionen-euro-energiebonus-aus
6 https://www.destatis.de/DE/Methoden/WISTA-Wirtschaft-und-Statistik/2019/02/einkommensspezifische-energieverbraeuche-022019.pdf?__blob=publicationFile
7 https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/6583620

Link zum RIS: https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/7255851