Anfrage: Das Gaspreis-Desaster der Münchner Wohnen! – Wer ist verantwortlich für die horrenden Heizkosten?

Das Desaster um die hohen Nebenkosten bei der Münchner Wohnen erreicht immer weitere Ausmaße und hat kein Ende. Mit der Überschrift „Ein Vertrag, der Fragen aufwirft“ berichtet die Süddeutsche Zeitung von heute[1] erneut über die hohen Nebenkostenabrechnungen bei der Münchner Wohnen. Nach unserer Anfrage vor ca. drei Wochen zu den Erdgaskosten in Wohnblocks der Münchner Wohnen haben uns viele weitere Zuschriften erreicht. Betroffen sind ehemalige GWG-Wohnungen, deren Wärmebedarf über Gas-Zentralheizungen gedeckt wird. Die Süddeutsche Zeitung berichtet im gleichen o.g. Artikel, dass 18.792 Wohnungen (ca. 61% des Wohnungsbestandes der ehemaligen GWG) von den Folgen betroffen sind – insgesamt also ca. 30.000 Menschen. Nachzahlungen zwischen 1.000 und 3.000 Euro sind laut den Unterlagen, die uns vorliegen, die Regel. Viele Menschen, gerade bei der Münchner Wohnen, stellen so hohe Nachzahlungen vor existenzielle Herausforderungen und lösen Existenzängste aus.

In einer Pressemitteilung von letzter Woche versichert die Münchner Wohnen, dass sie „umsichtig gehandelt“ habe und „weiterhin günstige Konditionen mit den Stadtwerken“ sichern könne[2]. Laut der Pressemitteilung wurde im November 2021 ein Tarif mit dem Namen „Business EEX“ abgeschlossen. EEX steht für die Europäische Energiebörse. Deren Indizes spiegeln in der Regel das Marktgeschehen wider und waren in den letzten Jahren sehr schwankend. So hatte sich der Index EEX -Gas im Jahr 2021 allein bis zum Vertragsabschluss der GWG bereits mehr als verdoppelt. Die Nutzung solcher Indizes entspricht nicht der langfristigen Einkaufsstrategie der Energieversorger, sondern spiegelt das spekulative Marktgeschehen wider. Es ist sehr deutlich, dass solche Faktoren völlig ungeeignet sind für die Vertragsgestaltung von Energiepreisen für Endkund*innen. Die Mieter*innen der Münchner Wohnen müssen nun die Folgen für diese Fehlendscheidungen tragen.

Laut Süddeutscher Zeitung lag der Gaspreis 2021 noch bei netto 2,3 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) und somit sogar deutlich unter dem Grundversorgungstarif. Im Jahr 2022, nachdem der neue Vertrag „Business EEX“ aktiv wurde, ist der Arbeitspreis um mehr als Dreifache auf 8,6 ct/kWh gestiegen. Im vierten Quartal des Jahres explodierte er dann auf 24,9 ct/kWh. Das Zehnfache.[3] Entgegen der eigenen Pressemitteilung zeigt sich, dass die Münchner Wohnen einen großen Einfluss auf die Mietnebenkosten hat und ganz offensichtlich höchst fahrlässig gegenüber ihrer Mieterschaft gehandelt hat. Großer Nutznießer des Gas-Rahmenvertrages scheinen die SWM zu sein. Es liegt die Vermutung nahe, dass sie wesentlich mehr Geld für ihr Gas bekommen, als sie tatsächlich im Einkauf dafür ausgeben. Es stellen sich daraus die Fragen, wie ein solcher Vertrag zustande kam und wer die Schuld für dieses Desaster trägt.

In vielen Gesprächen vor Ort berichten außerdem fast alle Betroffenen, dass sie immer noch keine Rückmeldungen von der Münchner Wohnen bekommen. Das Unternehmen scheint von der selbst verschuldeten Flut an Kontaktaufnahmen und Ratenzahlungen überfordert zu sein. Die Beschäftigten der Münchner Wohnen müssen offenbar die Fehlentscheidungen der damaligen Geschäftsführung ausbaden.

Vor diesem Hintergrund bitten wir den Oberbürgermeister, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wo befinden sich die vom Rahmenliefervertrag Erdgas „Business EEX“ der SWM betroffenen Wohneinheiten? (Bitte die Anzahl der Wohneinheiten nach Stadtbezirken aufschlüsseln)

 

2. Ist es korrekt, dass der Festpreisvertrag Erdgas zu Ende 2021 ausgelaufen ist? Welche Konditionen hatte dieser Vertrag zwischen der GWG und der SWM?

 

3. Aus welchem Grund wurde der Aufsichtsrat bei einem Vertrag mit dieser grundsätzlichen Bedeutung und Auswirkung nicht von der damaligen Geschäftsführung informiert?

 

4. Hatte die Aufsichtsratsvorsitzende der Münchner Wohnen, damals GWG, Kenntnis über den Vertragsabschluss und die Auswirkungen auf die Preise? Wurde sie von der Geschäftsführung der damaligen GWG darüber informiert?

 

5. Wurden im Rahmen der Inhouse-Vergabe ein Angebot und / oder Berechnungen von den SWM vorgelegt?

 

6. Haben die SWM die Geschäftsführung der damaligen GWG über die derartig hohen Preissteigerungen aufgeklärt oder hat die Geschäftsführung der GWG selbst abschätzen können, welche hohen Preissteigerungen auf die Mieter*innen zukommen?

 

7. Können die Münchner Wohnen und die Verwaltung ausschließen, dass der Vertrag nicht zu Gunsten der SWM abgeschlossen worden ist, nachdem der frühere SPD-Stadtrat Christian Amlong zum damaligen Zeitpunkt Geschäftsführer der GWG war und inzwischen bei den Stadtwerken für die Energiewirtschaft[4] zuständig ist?

 

8. Nach welcher Formel und welchen genauen Parametern berechnet sich der Tarif „Business EEX“ der SWM, mit dem die ehemaligen GWG-Siedlungen mit Gas-Zentralheizung beliefert werden?

 

9. Bildet der „Business EEX“ Rahmentarif die tatsächlichen Einkaufspreise der Stadtwerke ab?

 

10. War der GWG bewusst, dass mit dem Index EEX der Gaspreis sich an einem Index orientiert, der Börsenwerte widerspiegelt und höchst volatil und somit spekulativ ist?

 

11. Ist der Tarif „Business EEX“ eigens für die GWG geschaffen worden oder wird er auch für andere Geschäftspartner der SWM verwendet?

 

12. Welche Konditionen hatte die GEWOFAG beim Gaseinkauf im Abrechnungsjahr 2021, 2022 und 2023?

 

13. Wie wird im Zuge der Fusion mit den Gasverträgen der GEWOFAG und der GWG umgegangen?

 

14. Warum melden sich die Münchner Wohnen nicht bei den Betroffenen zurück? Wie viele offene Kundenkontakte gibt es zum Stichtag 15. Februar 2024? Wie viel dieser Kundenkontakte beziehen sich auf Fragen zu den Nebenkosten?

 

15. Wurde zusätzliches Personal für die Bearbeitung der stark gestiegenen Kundenkontakte und Ratenzahlungen zugeschaltet, um die Mitarbeiter*innen zu entlasten?

 

16. Die GEWOFAG und die GWG hatten zwei unterschiedliche Systeme bei der Betreuung der Mieter*innen.  Welche Maßnahmen bzw. welcher Zeitplan wird verfolgt, um die beiden Systeme zusammenzuführen?

 

17. Welche weiteren Maßnahmen plant die Münchner Wohnen, um den „noch besseren Kundenkontakt“ zu realisieren, wie im Brief der Aufsichtsratsvorsitzenden an die Mieter*innen angekündigt?

 

Initiative:
Stadtrat Stefan Jagel

Gezeichnet:

Stadträtin Marie Burneleit

Stadträtin Brigitte Wolf

Stadtrat Thomas Lechner

 

 


[1]https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-wohnen-swm-gaspreise-nebenkosten-nachzahlung-1.6376083?reduced=true

[2]https://www.muenchner-wohnen.de/uber-uns/presse/pressemitteilungen/2024/muenchner-wohnen-unterstuetzt-mieter-innen-bei-hohen-betriebskosten-nachzahlungen

[3]https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-wohnen-swm-gaspreise-nebenkosten-nachzahlung-1.6376083?reduced=true

[4]https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-wohnen-swm-gaspreise-nebenkosten-nachzahlung-1.6376083?reduced=true