2. Stammstrecke stoppen - Mobilitätswende voranbringen

Brigitte Wolf

Die Stadt München zieht sich aus dem Projekt der 2. Stammstrecke zurück und setzt sich auf allen Ebenen für einen Stopp der Baumaßnahmen aus. Lediglich die Bauten, die auch für die 1. Stammstrecke und den Ausbau des Südrings nutzbar sind, werden so schnell wie möglich fertiggestellt. Dazu gehören der Ausbau des S-Bahnhofes Laim und die Umweltverbundröhre.

Statt der 2. Tieftunnel-Stammstrecke werden alternative Maßnahmen im Sinne der Mobilitätswende vorangetrieben, wie der S-Bahn Nord- und Südring und vor allem der Ausbau des Tramnetzes.

Begründung:

Der Bau der 2. Stammstrecke ist mittlerweile Deutschlands größtes Baudesaster. Aus den ursprünglich geplanten 600 Millionen Euro1 für das Projekt werden nach neuen Kostenschätzungen mittlerweile unglaubliche 14 Milliarden Euro2. Statt 2010 wird der Tieftunnel frühestens 2037 fertig. Die 2. Stammstrecke stellt damit Stuttgart 21, die Elbphilharmonie oder den Berliner Flughafen weit in den Schatten. Jeder kann sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass Bayern eben doch keine Großprojekte kann, anders als der damalige Ministerpräsident Seehofer beim Spatenstrich 2017 versprochen hat3.

Mit der Mobilitätsstrategie 2035 hat sich der Stadtrat zum Ziel gesetzt, dass der Verkehr bis 2035 klimaneutral werden soll4. Der Bau der 2. Stammstrecke ist unverhältnismäßig umweltbelastend und dauert dazu viel zu lange. Es ist davon auszugehen, dass es zu weiteren Verzögerungen kommen wird und die 2. Stammstrecke erst in den 40er Jahren eröffnet werden könnte. Angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise braucht es aber schnelle Lösungen. Lösungen die aber durch den Fokus auf die überflüssige 2. Stammstrecke nicht vorangebracht werden können, wie der Ausbau des S-Bahn Süd und Nordrings. Auch die Stadtplanung wird auf viele Jahre unnötig blockiert5.

Unklar ist, ob der Bund angesichts der fortlaufenden Kostenexplosion weiter bei seiner Zusage zur Übernahme von 60 % der förderfähigen Baukosten bleiben wird, zumal das Nutzen-Kosten-Verhältnis mittlerweile weit unter 1,0 liegen wird und somit die Förderfähigkeit generell in Frage steht. Es droht der Stadt, immer mehr in den Sog des Finanzstrudels der 2. Stammstrecke hineingezogen zu werden. Entgegen der ausdrücklichen Warnung der Kämmerei hat man schon zuvor mit dem Vorhaltebauwerk an der 2. Stammstrecke für die U9 vermutlich eine Milliarde Euro in den Sand gesetzt6. München kann nicht davon ausgehen, dass immer mehr Gelder aus den Fördertöpfen des Bundes nach München fließen, während überall Gelder für eine dringend notwendige Mobilitätswende gebraucht werden. Aktuell fließen 96 % der Fördergelder aus dem Bundeshaushalt für Bayern in die Region München7. Ein Zustand, der nicht so bleiben kann.

Die Stadt München trägt eine erhebliche Mitverantwortung für die 2. Stammstrecke. Noch 2010 beschloss eine Mehrheit von 65 Stadträt*innen den Bau der 2. Stammstrecke. Der breiten Kritik am Projekt wurde mit Behauptungen begegnet, die sich heute als nachweislich falsch erwiesen haben. Die Gegner des Projektes haben Recht behalten. Es braucht nun ein starkes Signal, um das sich ausdehnende Desaster endlich zu beenden und einen Schlussstrich darunter zu ziehen.

Initiative:
Stadträtin Brigitte Wolf

Gezeichnet:
Stadtrat Stefan Jagel
Stadträtin Marie Burneleit
Stadtrat Thomas Lechner


1 https://fragdenstaat.de/blog/2022/12/21/munchner-stammbahn-ifg-verkehrsministerium-scheuer-soeder/
2 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/zweite-stammstrecke-s-bahn-muenchen-14-milliarden-csu-1.5775501?reduced=true
3 05.04.2017: Ministerpräsident Seehofer zum Spatenstich für die 2. Stammstrecke „Bayern kann Großprojekte“
4 https://muenchenunterwegs.de/2035
5 https://www.abendzeitung-muenchen.de/muenchen/spd-fraktion-dauerbaustelle-zweite-stammstrecke-blockiert-stadtplanung-art-889846
6 Merkur: 01.12.22: Bahn frei für die U9 in München: Stadtrat stimmt Projekt zu - Opposition schimpft über „Wolkenkuckucksheim“
7 Quer 22.11.22: Münchner S-Bahn-Kosten - bleibt Bayern auf der Strecke?