Exit Spirit Energy: Erdgas- und Erdöl-Förderung der SWM beenden!

Ökologie

Der Stadtrat möge beschließen:

Die Stadtwerke München (SWM) werden über die städtischen Vertreter*innen im Aufsichtsrat beauftragt, unverzüglich, spätestens jedoch bis Ende 2021, ihre direkten und indirekten Anteile an ihrer Tochtergesellschaft Spirit Energy (SE) sowie an allen Beteiligungsunternehmen, die ebenfalls an der Exploration oder Förderung von fossilen Brennstoffen (Kohle, Erdöl, Erdgas) direkt oder indirekt beteiligt sind, abzustoßen und überdies keinerlei solcher Investments neu zu beginnen.

Die SWM berichten halbjährlich – auch öffentlich – über den Stand ihrer Ausstiegs-Bemühungen aus der Förderung fossiler Brennstoffe.

Begründung:

Von Menschen emittierte Treibhausgase, insbesondere CO2 aus Verbrennungsvorgängen fossiler Rohstoffe wie Kohle, Öl und Erdgas, sind die Hauptursache für die menschengemachte Klimakrise. 2015 hat die Weltstaatengemeinschaft im sog. „Klimavertrag von Paris“ beschlossen, die Erderhitzung auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen und eine global-durchschnittliche Erwärmung von 1,5 °C gegenüber vorindustrieller Zeit ernsthaft anzustreben: Alle Staaten, (Bundes-) Länder, Kommunen, die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft – weltweit und in Deutschland – sind seit „Paris“ dringend gefordert, CO2-Emissionen erheblich zu senken!

Doch noch 2017 gründeten die SWM zusammen mit dem britischen Energieversorger Centrica das Gemeinschaftsunternehmen Spirit Energy (SE). Mit ihren (über Bayerngas) indirekten und ihren direkten Anteilen (von 27 %) kontrollieren die SWM 31 % der Gesellschafts-Anteile an Spirit Energy, haben also nach europäischem Recht eine „Sperrminorität“ von 25 %. Das Geschäftsfeld von SE ist die Erkundung und Förderung von Erdöl und Erdgas, vor allem in der Nordsee, aber auch in der Arktis. Den wenigsten Münchner*innen ist darüber hinaus bekannt, dass die SWM schon seit 2007 über die Bayerngas Norge als Hauptakteur in der Exploration und Förderung von Erdgas und Erdöl tätig sind.

2019 hat SE 14 Mio. Barrel Erdöl und 5,3 Milliarden Kubikmeter Erdgas gefördert1. Diese verursachen bei ihrer Verbrennung rund 16 Mio. Tonnen CO2, weit mehr als alle CO2-Emissionen aller Sektoren der Stadt München in Höhe von rund neun Millionen Tonnen pro Jahr zusammen!2

Im Gegensatz zu Centrica, die im Sommer 2019 ankündigten, aus Klimaschutzgründen ihre Anteile an SE zu verkaufen, wollen die SWM bislang das Geschäft mit Erdgas und Erdöl weiterführen3. Trotz Klimakrise und trotz des Stadtratsbeschlusses vom 18. Dezember 2019, durch den München sich der weltweiten Koalition von Städten und Staaten angeschlossen hat, die den Klimanotstand ausgerufen haben. Doch Exploration und Förderung von Erdgas und Erdöl sind mit diesem Beschluss unvereinbar und müssen deswegen schnellstmöglich beendet werden.

Die Begründung der SWM, die Beteiligung an SE sei sinnvoll und notwendig, um „so viel eigenes Erdgas zu produzieren wie München benötigt, um unabhängig zu bleiben“4, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das von SE geförderte Erdgas mangels direkter Leitungen von der Nordsee nach München ausschließlich ins gesamt-europäische Erdgasnetz eingespeist wird. Lediglich ein geringer Bruchteil des von SE geförderten Erdgas gelangt nach München. Auch deswegen liegt derzeit der Kommunalaufsicht der Regierung von Oberbayern eine Prüfanfrage vor, ob diese Tätigkeiten der LHM jenseits der kommunalen Daseinsvorsorge gemäß Art 86ff. Bayerische Gemeindeordnung kommunalrechtlich überhaupt zulässig sind.

Die Investitionen der SWM in Erdöl und Erdgas bergen darüber hinaus ein hohes finanzielles Risiko. Erst kürzlich wurde bekannt, dass Spirit Energy für das Jahr 2019 einen Verlust von über 320 Millionen Euro verzeichnet. Hintergrund waren die um ca. 20 Prozent gesunkenen Gaspreise, die zu einer Verringerung der Umsatzerlöse von knapp 500 Millionen Euro geführt haben. Da die Gaspreise im Schnitt für 2020 ein ähnliches Niveau aufzeigen wie im Vorjahr, ist davon auszugehen, dass auch für das laufende Jahr hohe Verluste drohen.

Da darüber hinaus der Großteil der fossilen Reserven von Öl und Gas weltweit ungenutzt im Boden bleiben muss, um das +1,5°-Ziel aus dem Pariser Abkommen gerade noch zu erreichen, sind die SWM zudem in ernster Gefahr, dass ihre Investitionen in Spirit Energy massive Wertverluste erleiden und als stranded assets („gescheiterte Investitionen“) abgeschrieben werden müssen. Das wären verlorene Millionen-Beträge der SWM zulasten der Stadt München, ihrer Bürger*innen und Steuerzahler*innen.

Hinsichtlich der immer drängenderen Klimakrise gilt es schnell und konsequent zu handeln! Es wird es Zeit, dass die Landeshauptstadt München ein klares Bekenntnis zum Weltklimavertrag abgibt und endlich dafür sorgt, dass durch seinen kommunalen Energieversorger die Stadtwerke München ein ernsthaftes Zeichen für den Klimaschutz gesetzt und kein Erdgas und Erdöl mehr gefördert wird.

Stadtratsfraktion DIE LINKE / Die PARTEIStadtratsfraktion ÖDP/FW
Initiative:
Stadträtin Brigitte Wolf

Stadtrat Tobias Ruff

Gezeichnet:
Stadtrat Stefan Jagel
Stadträtin Marie Burneleit
Stadtrat Thomas Lechner
 


Stadträtin Sonja Haider
Stadtrat Rudolf Schabl
Stadtrat Dirk Höpner
Stadtrat Hans-Peter Mehling
Stadträtin Nicola Holtmann

 

Link zum RIS: https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_detail.jsp?risid=6380200


1 https://www.spirit-energy.com/we-are-spirit/annual-report-2019/downloads/

2 Klimaschutzziel und –strategie München 2050, Öko-Institut, Juli 2017

3 https://www.bbc.com/news/uk-scotland-scotland-business-49169622

4 https://twitter.com/SWM_Muenchen/status/1324298263122632704?s=20