Anfrage: Führt die Umstellung des Kohleblocks des Heizkraftwerks (HKW) Nord 2 auf Erdgas zu mehr oder weniger CO2-Emissionen?

Stefan Jagel

Die Stadtwerke München (SWM) haben kürzlich öffentlich angekündigt, die Umstellung des Blocks 2 im Heizkraftwerk Nord von Steinkohle auf Erdgas um ein weiteres Jahr zu verschieben. Eine Behandlung dazu soll in Kürze im Stadtrat stattfinden. Der Kohleblock soll nach aktuellem Beschluss in einer CO2-optimierten Fahrweise bis zum Ende der Systemrelevanz des Blocks laufen.

Die Systemrelevanz endet spätestens mit der Fertigstellung der SuedOstLink-Stromtrasse nach Bayern, die nach aktuellen Angaben im Jahr 2027 fertiggestellt sein soll.

Die Stadtwerke München (SWM) haben kürzlich öffentlich angekündigt, die Umstellung des Blocks 2 im Heizkraftwerk Nord von Steinkohle auf Erdgas um ein weiteres Jahr zu verschieben. Eine Behandlung dazu soll in Kürze im Stadtrat stattfinden1. Der Kohleblock soll nach aktuellem Beschluss in einer CO2-optimierten Fahrweise bis zum Ende der Systemrelevanz des Blocks laufen.

Die Systemrelevanz endet spätestens mit der Fertigstellung der SuedOstLink-Stromtrasse nach Bayern, die nach aktuellen Angaben im Jahr 2027 fertiggestellt sein soll2.

Ein Umbau von Kohle- auf Gasverbrennung könnte – abhängig von der Fahrweise und der Betriebslaufzeit – zu höheren CO2-Emissionen führen als eine baldige Beendigung der Kohleverbrennung. Dabei gilt für den Vergleich der Verbrennung von Erdgas zu der von Steinkohle (also ohne Berücksichtigung der Methan-Emissionen bei Förderung und Transport von Gas) die grobe Faustformel: CO2-Emissionen Erdgas = 2/3 von Kohle. Somit würden allein durch eine nur wenige Jahre längere Betriebslaufzeit mehr CO2-Emissionen am Standort Nord entstehen.

Vorteile ergäben sich, wenn die Betriebslaufzeit des mit Erdgas betriebenen Block mit dem Ende der Systemrelevanz gekoppelt und nur in Teillast entsprechend einer CO2-optimierten Fahrweise genutzt werden würde.

Deutlich klimafreundlicher sähe die Situation aus, wenn nach dem Umbau auf Erdgas-Betriebsfähigkeit der Erdgasblock befristet auf (Warm- oder Kalt-) Stand-by-Betrieb gehalten und – unter Einhaltung der juristischen Voraussetzungen aus der „Systemrelevanz“ für das überregionale Stromnetz – faktisch nicht oder nur wenige Tage pro Jahr gefahren werden würde.

Zudem ist auch ungeklärt, ob eine Umstellung der Kohleblocks auf Erdgas innerhalb der aktuell gültigen Genehmigung des Blocks 2 als „Abfallbeseitigungsanlage“ (Planfeststellung 1991) zulässig ist oder nicht.

Schon zur Vermeidung etwaiger Verzögerungen – durch Einspruch der Regierung von Oberbayern oder durch etwaige Klagen seitens der Gemeinde Unterföhring oder von Bürger*innen – ist es erforderlich, die Rechtslage frühzeitig eindeutig zu klären.

Wir bitten daher den Oberbürgermeister, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Welche Fahrweise des künftigen Block 2 im „dauerhaften Erdgasbetrieb“ ist vorgesehen? Wird die im Stadtrat 2019 (technisch Kohle-bedingte) beschlossene CO2-optimierte Fahrweise (In der Heizperiode von November bis März 60 % Leistung, 12 Wochen Stillstand im Sommer und 24% Leistung im restlichen Jahr) mindestens eingehalten oder untertroffen?
  2. Könnte bzw. wird das HKW Nord 2 mit Erdgas in einem (Warm-) Stand-by-Betrieb gefahren werden, mit dem die Bedingungen der „Systemrelevanz“ für Netz-Notfälle eingehalten werden?
  3. Wird eine klimafreundlichere Fahrweise nicht gewählt, bei der unter Einhaltung der Bedingungen möglich ist? vom Netzbetreiber zu finanzierende)
  4. Welches Betriebslaufzeit-Ende ist nach der Umstellung auf Erdgas vorgesehen? Ist beabsichtigt, das Ende der Betriebslaufzeit des Blocks 2 (Kohle oder Gas) an das Ende der „Systemrelevanz“ (2027-2030) zu koppeln? Wenn nein, warum nicht?
  5. Mit welchen jährlichen Kosten rechnen die SWM für CO2-Zertifikate für den Block 2 bei einer Umstellung auf Erdgas im Vergleich zur Verbrennung von Kohle?
  6. Mit welchen jährlichen und gesamten CO2-Emissionen rechnen die SWM beim Betrieb mit Erdgas und Steinkohle für die jeweils angestrebte Betriebslaufzeit?
  7. Welche Umbaumaßnahmen sind für die Umstellung des Blocks 2 auf einen „dauerhaften Erdgasbetrieb“ notwendig und wie hoch sind die Investitionen dafür?
  8. Ist der Umbau des Kohleblock 2 ohne vorherige Änderungsgenehmigung rechtlich zulässig? Liegen die hierzu relevanten Pläne, Gutachten, Hersteller-Angaben usw. – öffentlich und auch der Genehmigungsbehörde – vor? Hat die Genehmigungsbehörde rechtskräftig entschieden, dass der beabsichtigte Umbau im Rahmen des bisherigen Planfeststellungsbeschlusses (1991) ohne vorherige Änderungsgenehmigung rechtsgültig möglich ist?

Initiative:
Stadtrat Stefan Jagel

Gezeichnet:
Stadträtin Marie Burneleit
Stadträtin Brigitte Wolf
Stadtrat Thomas Lechner


1 Merkur 31.01.23: Stadtwerke wollen Block auch den nächsten Winter weiter laufen lassen
2 https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/wirtschaft/sued-ost-link-strom-leitung-bau-100.html

Link zum RIS: https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/7629469