14.6.08. Kundgebungsrede. Zu der Solidaritätskundgebung gegen die Angriffe der NPD auf das AIDA-Archiv versammelten sich gestern ca. 300 meist junge Leute vor dem Kafe Marat. Stadträtin Wolf hielt einen hier dokumentierten  Redebeitrag. Die Hetzveranstaltung der NPD besuchten laut Polizeibericht bis zu 100 Leute, der von starken Polizeikräften geschützte NPD-Auftritt stieß auf lebhafte Proteste. (mf)

 

Redekonzept für A.I.D.A.-Kundgebung, 13. Juni 2008, Brigitte Wolf

Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, liebe Freunde,

vor einigen Jahren musste ich im Stadtrat erleben, wie der damalige Vertreter der Republikaner scheinheilige Reden über das Sicherheitsrisiko führte, das angeblich der Synagogenbau für die Anwohner bedeute. Gleichzeitig unterhielt er Kontakte zu einem Milieu, das diese Reden als Aufforderung begriff und die Grundsteinlegung der Synagoge sprengen wollte. Dieser Mann hatte sich übernommen. Er scheiterte politisch.

Nun erleben wir einen neuen Mann, Stadtrat Richter, der auf einer von der CSU losgetretenen Welle ins Rathaus gespült wurde. Und wieder geht es darum, den Biedermann zu markieren, Ziele zu benennen und gleichzeitig ein Milieu zu pflegen, das die gewünschten Taten ausführt.

Die Arbeit von A.I.D.A. München, dem Antifaschistischen Informations- und Dokumentationsarchiv verschafft in unserer Stadt und Region vielen Menschen die Möglichkeit, Naziaktionen und -propaganda entlarven und nachweisen zu können. Deshalb sind die Nazis auf die Idee verfallen, A.I.D.A. direkt einzuschüchtern. Dies muss die Solidarität von uns allen, der ganzen Stadt herausfordern. Mit der heutigen Aktion zeigen wir, dass wir uns nicht einschüchtern lassen.

Liebe Freunde,

ich möchte die Gelegenheit nutzen, zu einer offensiven Auseinandersetzung mit den scheinheiligen Parolen der Nazis aufzurufen, die gründlich geführt werden muss.

Die NPD stellt sich in diesen Monaten immer offener in die Tradition des Nationalsozialismus. Sie wird im Landtagswahlkampf mit der Losung auftreten: „Sozial geht nur National“. Die Aussage ist um 180 Grad falsch. Sozial geht heute, in der modernen Welt der schnellen Kommunikations- und Verkehrsmittel, nur international.

Schon zur Zeit Hitlers war die Idee des „Nationalen Sozialismus“ sachlich unhaltbar. Die Nazis brauchten diese Idee, um ihre Absicht, Deutschland auf Kosten der Welt leben und herrschen zu lassen, zu verschleiern. Weil schon damals die wirtschaftlichen Beziehungen international verflochten waren, war die nationalsozialistische Herrschaftsvorstellung nicht auf Deutschland beschränkt, es ging unvermeidlich um einen Eroberungs- und Vernichtungskrieg.

Die Nazis errichteten über Europa bis hinein nach Asien und Afrika eine terroristische Ordnung, die durch Protektorate, unterworfene Gebiete, entrechtete Menschen und Vernichtungslager organisiert wurde. Es ist wichtig zu begreifen, dass eine solche Ordnung der Welt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist. Aber es ist auch wichtig zu verstehen, dass die Gegenkräfte stärker sind. Die Nazis scheiterten letztendlich an der Entschlossenheit der übrigen Welt.

Heute nimmt der nationale Sozialismus einen neuen Anlauf. Und schon seine ersten Schritte sind Verbrechen gegen die Menschenrechte. Während sie niemandem helfen, greifen sie andere an. Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, das prägt ihre Aktionen.

Liebe Freunde,

Ausgangspunkt für die frechen Dreistigkeiten der Nazis ist die Weigerung der staatlichen Instanzen, das Verbot der NPD voranzutreiben. Die NPD treibt es immer toller, Tarnlisten wie die BIA sind eine Verhöhnung der rechtlichen Ordnung. Die Verbrechen, die im Kontext derartiger Propaganda vorfallen, und die durch organisatorische Verflechtungen nachweisbar sind, reichen für ein Verbot voll aus.

Minister und Parteien, alle, die sich in dieser Situation weigern, erneut ein Verbotsverfahren gegen die NPD einzuleiten, werden zu Mitschuldigen. So wie ihre Spitzel in diesen Organisationen schon längst schuldige Verbrecher geworden sind. Das muss aufhören.

Die NPD und ihre Tarnlisten müssen verboten werden – das ist unser gemeinsames Ziel.