Erhaltungssatzung für das Hasenbergl, Verdrängung durch Modernisierung und Umwandlung verhindern

Antrag

Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung wird beauftragt, für das Gebiet nördlich der Dülferstraße im Hasenbergl (entsprechend des anhängenden Kartenausschnitts) zu prüfen, ob und in welchem Umgriff die Einführung einer Erhaltungssatzung möglich ist, um die Menschen im Hasenbergl vor Verdrängung zu schützen.

Begründung

Seit Jahren wird das nördliche Hasenbergl als „Sozialer Brennpunkt“ Münchens bezeichnet. Das Gebiet nördlich der Dülferstraße wurde ab den 60er-Jahren hauptsächlich von gemeinnützigen, landes- und kommuneneigenen Wohnungsunternehmen bebaut und bot für breite Teile der Gesellschaft guten und bezahlbaren Wohnraum an. Bis auf den Wohnungsbestand der GWG am nördlichen Rand des Stadtteils wurden jedoch die großen Wohnungsbestände 1990 und 2013 privatisiert mit schwerwiegenden Folgen für die Mieter*innen, wie Ereignisse der letzten Zeit deutlich machen. Im Hasenbergl wohnen vor allem Menschen, die sich die teureren Innenstadtlagen nicht leisten können, die jedoch einen bezahlbaren Wohnraum in unserer Stadt verdient haben, weil wir nicht auf sie verzichten können. Eine Verdrängung aus dem Hasenbergl bedeutet in letzter Konsequenz auch eine Verdrängung aus München. Diese muss verhindert werden.

Um das Milieu im Hasenbergl zu schützen, ist die Einführung eines Erhaltungssatzungs-gebietes wesentlich. Die Wohnhäuser im Hasenbergl wurden hauptsächlich in den 60ern und 70ern errichtet. Der Anteil an Wohnungen in Gebäuden mit 4 bis 9 Geschossen dürfte bei nahezu 100 % liegen. Das in manchen Wohnblöcken mittlerweile Mieten von bis zu 20 Euro den Quadratmeter verlangt werden, lässt darauf schließen, dass die Dynamik der Wiedervermietungsmieten in den letzten Jahren sehr hoch ist.

Doch ist vor allem die Verdrängungsgefahr im Hasenbergl am größten. Wie der Blick auf die Sozialdaten zeigt, liegt das nördliche Hasenbergl in fast allen relevanten Indikatoren für die Prüfung von Erhaltungsatzungsgebiete in der Spitzengruppe (Migrationshintergrund, Grundsicherung, Arbeitslosengeld, Wohngeld usw.)1. Der Anteil an Haushalten mit einem Nettoeinkommen bis zu 2.000 Euro im Monat wird dementsprechend hoch sein. Dies zeigt, dass das Hasenbergl praktisch alle Voraussetzungen für eine Erhaltungssatzung erfüllt.

Wie dringend das Problem der Verdrängung des Milieus im Hasenbergl ist, zeigen die Berichte über die anstehenden „Sanierungsarbeiten“ der WSB Bayern im Wohnungsblock am Stanigplatz. Die vom gemeinnützigen Wohnungsunternehmen Neue Heimat in den 60ern Jahren errichteten Wohnungen wurden 1990 an den Immobilienspekulanten Alfons Doblinger für einen Spotpreis von etwa 30.000 DM pro Wohnung verkauft2. Seitdem wurden zwar die Mieten regelmäßig erhöht, jedoch deutlich erkennbar keine Gelder in die Instandhaltung der Wohnungen investiert. Im Zuge der nun anstehenden Arbeiten hat die WSB den über 70 Mieter*innen der Apartment-Wohnungen deutlich gemacht, was dies für sie bedeutet: „Hierfür ist es manchmal unumgänglich, die Wohnungen leer zu ziehen.“3 Statt Angebote für Ersatzwohnungen für die Dauer der Arbeiten zu machen, wurde den Betroffenen lediglich ein Umzugszuschuss in Höhe von 3.000 bis 5.000 Euro, nach ersten Protesten mittlerweile 8.000 Euro angeboten. Für die Mieter*innen ist die Gefahr, auf der Straße zu landen, real. Ersatzwohnraum, wie es für das kommunale Wohnungsunternehmen GWG selbstverständlich ist, seien für den größten privaten Wohnungseigentümer Münchens, die WSB, nicht möglich. Eine Ankündigung zu Erhöhung der Mieten durch die Modernisierungsumlage wurde vonseiten der WSB öffentlich geäußert, dies verschärft die Gefahren der Verdrängung zusätzlich4.

Die früher landeseigene GBW, die unter dem heutigen Ministerpräsidenten Markus Söder 2013 privatisiert wurde, firmiert heute unter dem euphemistischen Namen „Dawonia“. Die Dawonia besitzt im Hasenbergl am Dülferanger einen Wohnblock mit etwa 400 Wohnungen, der am Beginn einer Modernisierung-Phase steht5. Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass die Dawonia durch Modernisierung finanzschwache Mieter*innen verdrängt und durch eine finanzstärkere Klientel ersetzt. Beispiele liefern die Modernisierung an der Luxemburgerstraße in Schwabing-Freimann, wo 2018 eine Verdreifachung der Miete angekündigt wurde6, und die schon 2015/16 vollzogene Modernisierung am Seydlitzplatz in Moosach, die auch dort zu einer Verdrängung vieler Mieter*innen geführt hat7. Lediglich Erhaltungssatzungsgebiete konnten der Profitmaximierung der Dawonia und somit der Verdrängung der Mieter*innen Einhalt gewähren.

Als dritter großer Wohnungseigentümer im zu untersuchenden Gebiet tritt die private Südhausbau auf, deren Bestand in Teilen schon in Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft wurde, wie Gespräche mit Bewohner*innen zeigten. Auch die WSB hat an anderer Stelle wie am Feldmochinger Anger schon zu diesem Mittel gegriffen, um ihr Tafelgold zu versilbern. Die Folgen einer solchen Umwandlung führten dabei bis in die Wohnungslosigkeit8. Das Mittel der Erhaltungssatzung könnte dies verhindern.

Die Beispiele der WSB, der Dawonia und der Südhausbau zeigen, welchen Unterschied es macht, wenn Wohnraum dem freien Markt überlassen wird. Hier zählt einzig der Profit und die Menschen sind egal. Dass es auch anders gehen kann, zeigt die GWG, die ebenfalls viele Wohnungen im Hasenbergl hat und diese sowohl günstiger vermietet als die Privaten und diese auch angemessen instand hält.

Das macht deutlich, dass mit der Privatisierung des Wohnungsbestandes der Neuen Heimat und der GBW große politische Fehler zu Lasten der Mieter*innen gemacht wurden. Ein Mittel, um die Folgen der Privatisierung der Mieter*innen zu mildern und das Milieu zu schützen, sind Erhaltungssatzungen, durch die Mieterhöhungen durch Modernisierung limitiert sind und die Umwandlung in Eigentumswohnungen unmöglich wird. Darüber hinaus sollte sich die Stadt im Sinne der Allgemeinheit für eine Vergesellschaftung des Wohnungsbestandes großer privater Wohnungsunternehmen einsetzen.

Initiative:
Stadtrat Stefan Jagel
Stadträtin Brigitte Wolf

Gezeichnet:
Stadträtin Marie Burneleit
Stadtrat Thomas Lechner

Link zum RIS: https://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_antrag_detail.jsp?risid=6440713


1 https://www.mstatistik-muenchen.de/sozialmonitoring/atlas.htm

2 https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13499088.html

3 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-hasenbergl-paulckestrasse-aerger-sanierung-1.5084803

4 https://www.hallo-muenchen.de/muenchen/nord/muenchen-hasenbergl-mieter-sanierung-wohnung-vermieter-wsb-doblinger-dibag-paulckestrasse-karadi-90169190.html

5 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/hasenbergl-zukunftsangst-1.4981465

6 https://www.sueddeutsche.de/muenchen/gbw-schwabing-wohnen-muenchen-miete-1.4279481

7 https://www.tz.de/leben/wohnen/tz-mietertag-uebel-werden-gbw-mieter-behandelt-5937901.html

8 https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2F2020%2F39%2Fwohnunsnot-hohe-mieten-staedte-deutschland%2Fkomplettansicht