Anfrage: Falsche Gasmengenschätzungen zu Lasten der Mieter*innen?
Horrende Heizkostennachzahlungen von bis zu 3.500 Euro brachten Ende letzten Jahres viele Mieter*innen der Münchner Wohnen (MW; früher GWG) in finanzielle Schwierigkeiten. Allein am Harthof haben sich nach Angaben der MW die Ratenzahlungen fast verzwanzigfacht. Grund für die hohen Preissprünge ist der neue Gasvertrag M-Erdgas Business EEX pro mit den Stadtwerken München (SWM), der sich an der Gasbörse orientiert und 2022 zu immensen Preissteigerungen geführt hat. Lag der Festpreistarif 2021 noch bei 2,27 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) netto, stieg dieser durch den flexiblen Tarif in 2022 auf 24,91 ct/kWh und hat sich somit in nicht einmal einem Jahr verelffacht.
Viele Betroffene haben sich nach unseren Anfragen zu dem Thema bei uns gemeldet. unterschiedlichen Fällen, die uns vorliegen, geht dabei hervor, dass die Gasmengen, die 2022 zu den hohen Preisen der SWM abgerechnet wurden, teilweise mehr als dreimal höher sind als die von 2021, wo noch der günstige Preis galt. 2021 wurde dabei der Wert von den SWM nur geschätzt, während er Ende 2022 abgelesen und die Differenz in Rechnung gestellt wurde. Der Bock wurde dabei zum Gärtner gemacht. Die zu niedrige Schätzung für 2021 führte zur hohen Gasmenge für 2022. Die Betroffenen mussten dadurch teils vierstellige Mehrkosten hinnehmen. Die hohen Gasverbräuche für 2022 überraschen zusätzlich, da der Gasverbrauch der Haushalte 2022 im Zuge der Gaskrise deutlich gesunken ist[1].
In zwei Fällen haben sich die Betroffenen gewehrt und auf die hohen Unterschiede aufmerksam gemacht. In beiden Fällen bezeichnete die GWG die Abrechnungen zunächst als rechtmäßig und gab den Widersprüchen nicht stand. Erst nach externer juristischer Unterstützung für die Betroffenen gab die Münchner Wohnen in beiden Fällen nach und senkte die Heizkostenabrechnungen um ein Drittel bis die Hälfte. Entlastungen von bis zu tausend Euro pro Haushalt, die erst nach mehrfachem Widerspruch gewehrt wurden. Viele Mieter*innen, gerade in armen Stadtvierteln, wie am Harthof oder Hasenbergl, haben nicht die Möglichkeiten, eine solche Auseinandersetzung zu führen und müssen die ungerechtfertigt hohen Nachzahlungen hinnehmen. Es stellt sich die Frage, ob die beiden Fälle nur Ausnahmen sind oder ob es an mehreren Orten falsche Schätzungen gegeben hat.
Wir bitten daher den Oberbürgermeister, folgende Fragen zu beantworten:
- Bei wie vielen Gas-Zentralheizungen der MW ist der abgerechnete Verbrauch von 2021 auf 2022 um mehr als 20 % gestiegen? (aufgeschlüsselt nach GWG und Gewofag sowie Stadtbezirke)
- Wie viele Einsprüche durch Mieter*innen gab es in Bezug auf die in Rechnung gestellten Gasmengen? Wie viele wurden für die Betroffenen positiv entschieden?
- Wurde in Fällen, wo die Münchner Wohnen am Ende nachgegeben hat und den Betroffenen aufgrund falsch geschätzter Verbräuche eine gerechtfertigte Kürzung bei den Heizkosten gewährt wurde, auch den Mieter*innen in der Wirtschaftseinheit die Kürzung gewährt, die keinen Widerspruch eingelegt haben?
- Aus welchen Gründen sperrte sich die Münchner Wohnen zunächst gegen die Widersprüche zu den falsch geschätzten Gasverbräuche? Wie kam es anschließend zu einem Umdenken?
- Wurden von der Münchner Wohnen noch einmal alle Verbräuche von 2021 und 2022 auf Plausibilität geprüft?
- Welche Rolle spielen die SWM bei der Ablesung der Gasverbräuche? Wurden diese flächendeckend für 2021 nur geschätzt und 2022 dann abgelesen?
- Welche Auswirkungen hatten die geringen Gasmengenschätzungen für das Jahr 2021 auf die Dezember Hilfen des Bundes? Fielen die Hilfen für die Verbraucher*innen dadurch geringer aus?
- Können Betroffene auch nach mehr als einem Jahr nach dem Erhalt der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2022 noch Widerspruch einlegen gegen falsche Gasmengenschätzungen?
- Mit einem BGH-Urteil aus 2016 wurde bestätigt, dass eine Heizkostenabrechnung ohne Wärmemengenzähler für Warmwasser fehlerhaft ist und die Rechnung um 15 % gekürzt werden muss[2]. Besitzt die MW noch Häuser, die keine Wärmemengenzähler für Warmwasser besitzen? Wenn ja, wie hoch ist die Anzahl der betroffenen Wohnungen und der Anteil am Gesamtwohnungsbestand? Werden die Heizkosten der betroffenen Wohneinheiten automatisch gekürzt oder müssen die Mieter*innen ihr Recht selbst einfordern?
Initiative:
Stadtrat Stefan Jagel
Gezeichnet:
Stadträtin Marie Burneleit
Stadträtin Brigitte Wolf
Stadtrat Thomas Lechner
[1]https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/gasverbrauch-2022-rueckgang-studie-100.html
[2]https://www.mieterverein-hamburg.de/mediathek/urteile/falsche-heizkostenabrechnung-15-prozentiges-kuerzungsrecht-des-mieters/
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