Anfrage: Wieso hat München den teuersten Strompreis im Land?

Stefan Jagel

Ein neuerlicher Schock hat in den letzten Wochen die Münchner*innen per Post erreicht. Die Strompreise der Stadtwerke (SWM) werden zum Beginn des neuen Jahres explodieren. Der Verbrauchspreis in der Grundversorgung steigt von 25 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) auf etwa 62 ct/KWh – eine Preissteigerung um ganze 148 %! Auch die anderen Stromtarife steigen auf ähnliche Höhen. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 2.500 kWh bedeutet dies Mehrkosten von etwa 900 Euro im Jahr. Hinzukommen die drastisch gestiegenen Heiz- und Lebensmittelpreise. Viele Menschen werden dadurch in existenzielle Schwierigkeiten gebracht.

Die SWM begründen die Preissteigerung mit den Preissprüngen auf den Großhandelsmärkten. „Trotz ihrer langfristig angelegten Beschaffung können die SWM die Preissteigerungen im Energie-Großhandel nur geringfügig abmildern.“Andere Energieversorger scheinen diese Schwankungen der Großhandelspreise wesentlich besser abgefedert zu haben. Da es eine Sechswochenfrist zur Ankündigung von Strompreiserhöhungen gibt, stehen die Strompreise zum Jahresbeginn nun fest. Viele haben die Preise erhöht. Die Tagesschau spricht von einer Preiserhöhungswelle und zeigt gleichzeitig auf, dass München den teuersten Strompreis hat2.

Unsere Recherchen bestätigen dies. Aktuelle Preiserhöhungen im Grundversorgungstarif liegen teilweiße weit unter den Preisen der SWM. Bremen (36 ct/kWh), Dortmund (43 ct/kWh), Frankfurt (50 ct/kWh), Köln (55 ct/kWh), Nürnberg (47 ct/kWh) oder Regensburg (37 ct/kWh). Berlin (41 ct/kWh) und Hamburg (42 ct/kWh) passen ihre Preise erst zum 1. Februar an. Ein Unterschied von 20 ct/kWh bedeuten für einen Durchschnittshaushalt 500 Euro pro Jahr. Ein Unterschied, der für viele Verbraucher*innen schwer verständlich sein dürfte, da auch für andere Energieversorger die gleichen Krisenbedingungen gelten. Selbst die Ökostromtarife sind rasant gestiegen. Preise von 58 ct/kWh liegen über vielen Grundversorgertarifen anderer Anbieter, obwohl die SWM auf ihrer Homepage schreiben, dass die Kund*innen von den „günstigen Tarifen“ profitieren3.

Die Strompreisbremse der Bundesregierung, durch die 80 % des Stromverbrauchs auf 40 ct/kWh gedeckelt werden soll, mildert diesen Effekt ab. Die restlichen 20 % müssen aber zu den aktuellen Preisen der Energieversorger gezahlt werden. Dies trifft vor allem auch ärmere Haushalte, da diese schon von jeher sparsamer waren und kaum mehr Einsparpotentiale haben. Die 22 ct/kWh Unterschied zum Preis der SWM wird über ein Jahr lang vom Bund übernommen. Stadtwerke, die auch jetzt unter der Grenze von 40 Cent liegen, befürchten schon jetzt, dass sie mit ihren niedrigen Preisen die Verlierer sind4. Die Tagesschau spricht gar von möglichen Mitnahmeeffekten5.

Neben den sehr hohen Verbrauchspreisen stellt sich auch die Frage, ob die SWM mit ihren vielen Strom-Erzeugungsanlagen in und um München, sowie in ganz Europa nicht auch von den hohen Großhandelspreisen profitieren müssten. Mit den eigenen Anlagen und den Beteiligungen in Europa erzeugen die SWM fast doppelt so viel Strom als in München verbraucht wird. Expert*innen haben aufgezeigt, dass mit den hohen Großhandelspreisen in diesem Jahr auch Übergewinne zu erwirtschaften gewesen wären6. Es stellt sich die Frage, wieso die Strompreise für die Kund*innen trotzdem so sehr steigen.

Wir bitten daher den Oberbürgermeister, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Aus welchen Gründen sind die Strompreise der SWM um bis zu 70 % teurer als bei anderen Energieversorgern von Großstädten, die zum selben Zeitpunkt ihre Preise angepasst haben?
  2. Ist die Beschaffungsstrategie der SWM für Strom weniger langfristig als bei anderen Stadtwerken?
  3. Wann können die Münchner*innen mit einer Reduzierung der Strompreise rechnen?
  4. Laut Geschäftsbericht 2021 machen die SWM mit 34 TWh Strom Umsatz. Dies ist in etwa das Vierfache des Münchner Strombedarfs von 7,2 TWh und auch wesentlich mehr, als die SWM an Strom erzeugen. Wie erklärt sich diese hohe Differenz7?
  5. Mit wie viel Geld rechnen die SWM vom Bund im Zuge der Strompreisbremse für das Jahr 2023?
  6. Nutzen die SWM durch die Strompreiserhöhung gezielt Mitnahmeeffekte mit der Strompreisbremse?
  7. Machen die SWM im Jahr 2022 mit ihrer Stromerzeugung höhere Gewinne als im letzten Jahr? Falls ja, wie hoch? Und falls nicht, aus welchen Gründen nicht?
  8. Wie hoch fällt der Gewinn der SWM in 2022 aus?
  9. Wieso sind selbst die Ökostrom-Tarife viel teurer als die Grundversorger Tarife anderer Städte?

Initiative:
Stadtrat Stefan Jagel

Gezeichnet:
Stadträtin Marie Burneleit
Stadträtin Brigitte Wolf
Stadtrat Thomas Lechner


1 https://www.swm.de/presse/pressemitteilungen/2022/11-2022/swm-neue-strompreise
2 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/strom-grundversorgung-preiserhoehungen-101.html
3 https://www.swm.de/strom/oekostrom
4 https://www.zfk.de/unternehmen/nachrichten/arta-sind-die-stadtwerke-dreieich-die-verlierer-der-strom-und-gaspreisbremse
5 https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/strom-gaspreisbremse-101.html
6 https://www.klimareporter.de/strom/wer-profitiert-von-explodierenden-strompreisen-und-wann
7 https://www.swm.de/dam/doc/swm/swm-geschaeftsbericht.pdf (Seite 33)

Link zum RIS: https://risi.muenchen.de/risi/antrag/detail/7471091